Weiter als die Fremde

Theaterroman von Dagmar Papula 

Zwei nicht mehr so ganz junge Abenteuerlustige lassen sich von ihrem selbst gegründeten Theater beurlauben. Das Fernweh treibt sie nach London. Dort spielt Arthur den „Shylock“ in Shakespeares neuem Globe Theater. Ihre Rolle wird es plötzlich, entwurzelt und überflüssig geworden in einer von Fremden übersättigten Gesellschaft, ausschließlich ihn zu bewundern. Das unfreiwillige Frauenschattendasein verursacht Turbulenzen.    Aber das Glück kehrt zurück, als beide nach Toronto weiterziehen. „Where are you coming from“, wird hier gefragt und sie werden willkommen geheißen mit der Aufforderung, nicht ihre Wurzeln zu vergessen. Selbst in der Eiswüste hoch oben am Hudson Bay bei den Cree-Indianern erfahren sie bei minus 48 Grad, was es heißt, beschützt zu sein    Nach anderthalb Jahren Abwesenheit freut Arthur sich auf seine Heimat. Sie aber ahnt, dass ihr Versprechen, wiederzukehren, leichtfertig war. Die Rückkehr kommt einem Desaster gleich. Das einst so vertraute Theater spuckt sie aus wie etwas, das nicht mehr kompatibel ist.    Aber manchmal, wenn alles zusammenkracht, ist erst die Chance gegeben, dass sich eine unbekannte, andere Zukunft ergibt, die zunächst sich vorzustellen noch nicht möglich war.Der Roman ist eine Reise zum Ich. Oder er ist eine Liebeserklärung an das Londoner Globe. Oder an die Weite Kanadas, räumlich und geistig gesehen. Auch geht es in ihm um die Trauer und den Verlust eines Theatertraums. Und um Ehrgeiz und Intrige. Aber vor allem um die Frage:Was ist Heimat? Was ist Fremde?Und was ist daran Fiktion und was ist Wahrheit?

Stücke

 

FLUSSAUFWÄRTS

Heli, 81, ehemalige Musiklehrerin, wird von ihrer 30jährigen Freundin Anja in einem Pflegeheim untergebracht. Endstation?
Heli lernt, sich in ihrer neuen Umgebung einzuleben, mit ihren Zimmergenossinnen  - Frauen unterschiedlichster Herkunft - zusammenzuleben.
Häufig erhält sie Besuch von Anja, die mit ihren Zeitungsartikeln über die Verhältnisse in Heimen Aufsehen erregt. Nach anfänglichen beruflichen Erfolgen, die sie Heli verdankt, weil sie deren Leben für die Artikelserie ausschlachtet, beginnt ihr journalistischer Stern jedoch wieder zu sinken. Als auch Anjas Beziehung zu ihrem Freund in die Brüche geht, bedeutet dies für beide Frauen eine letzte Chance, ihre Freundschaft zu prüfen und zu festigen. Die langsame, schwierige Annäherung der beiden gipfelt in Anjas Angebot, Heli bei sich aufzunehmen - Heli nimmt an.

ROCHADE – ein Zug und nichts ist wie es war

Einmal aussteigen um aufzusteigen, einen kurzen Moment des Glücks zu spüren und dem Traum von den Brettern, die die Welt bedeuten, ein Stückchen näher zu gekommen sein, das wünschen sich zwei Männer und eine Frau. Im alter um die Vierzig flüchten sie aus ihren bürgerlichen Berufen, Pollini, der Werbemanager, Freddy, ein Versicherungsvertreter, und Hanna Sonnenschein, die arbeitslose Buchhälterin, und probieren die Show ihrer Träume. Doch da beginnt der Kampf. Pollini sucht das Chaos, Freddy Unterhaltung und Hanna Poesie. Wie geht das zusammen? Und die Männer versuchen, die Frau nach ihrem Bilde zu formen. Geht das gut? Und ihnen geschieht die Liebe. Lässt sie sich leben? Freddy resigniert und Pollini ist sich sicher: „Träume sind nur da um zu quälen.“ Doch da greift Hanna Sonnenschein ein und wieder gerät alles ins Wanken.

Lieber Herr FranzKPunkt

Doppelportrait einer Liebe: Franz Kafka und Milena Jesenska.
Kafkas Briefe an Milena sind erhalten, ihre Briefe sind verschwunden. Papula hat sie neu geschrieben.
Es ist die Geschichte einer seltsamen Begegnung, die zwar mit einer Trennung endet, wenn sie denn jemals ein Zusammensein in herkömmlichem Sinn einschloss, die aber nicht einfach scheitert. Aus beiderseitiger Ekstase und Schwärmerei ziehen sich Mann und Frau in selbstbewusst geschaffene Eigenständigkeit zurück, in die Kunst, in das Leben – einem Genie kann niemand nahe sein, nicht einmal das Genie selbst.

Wo ich die Welt anseh, möcht` ich sie umdrehen

Es ist nicht nur ein Stück über die außergewöhnliche Frauenfreundschaft zwischen Karoline von Günderode und Bettina von Arnim, es ist auch die hintergründige Schilderung einer Epoche, in der kein Platz ist für andere, radikale, weibliche Vorstellungen von einer für das Individuum ertragbare Gemeinschaft. „Soll denn mein ganzes Wesen ungenossen wieder vertrocknen, keinem wohltun, unbeachtet wieder schlafen gehen, so wie es aufwachte? Der Tod ist besser als so leben.“
Zwei junge Frauen, die sich in Liebe und Zuneigung einander nähern, voller Leidenschaft und Neugierde die Welt und ihre Position darin diskutieren, sich auseinandersetzen, sich verletzen und sich gegenseitig wieder trösten.

Unter dem Glück

Fünf gegen Kriegsende des Zweiten Weltkriegs geborene Geschwister treffen sich zum 70. Geburtstag der Mutter. Zwei Katastrophen lassen das Fest jedoch nicht feierlich verlaufen. Ein Düsenjäger stürzt in die nahegelegene Chemiefabrik und explodiert. Die Mutter stirbt vor Schreck. Die Konfrontation der so verschiedenen Geschwister lässt sich nicht mehr vermeiden. Die unbewältigten Probleme ihrer Kindheit, schnelle Wiederaufrüstung, die Atomenergie, die Naziverbrechen in der Familie brechen aus ihrem Gefängnis Unterbewusstsein aus und führen zu einer Eskalation der Gefühle.

 

Kopfkrieg

Das Stück erzählt die Geschichte der kleinen Picolo und ihrer gleichaltrigen Freundin Anna, deren scheinbar unzertrennliche Freundschaft an einem Verrat jäh zerbricht und in einen unversöhnlichen Konkurrenzkampf der beiden mündet.

Jahre später sieht sich Picolo, inzwischen eine erwachsene Frau, mit dieser Vergangenheit konfrontiert. In Erwartung eines Wiedersehens mit der einstiegen Jugendfreundin bricht der alte Konflikt neu hervor und entfacht - da die Freundin nicht kommt – in ihrem Kopf ein unerbittliches Streitgespräch. Der „Kopfkrieg“ beginnt.

Ich, Paula, Paula Becker, Paula Becker-Modersohn

Das Portrait einer ungewöhnlichen Frau, die mit ihren Gemälden auf Unverständnis und Ablehnung stieß, die den zeitgenössischen Kunstgeschmack verletzte. Eine sensible und lebenshungrige junge Frau, die – allen äußeren Widerständen zum Trotz – schon früh ihren eigenwilligen Weg als Künstlerin ging. Selbstfindung in der Kunst stellt sie vor Mann und Familie. Sie verlässt, ein Jahr vor ihrem Tod, von der Ehe enttäuscht, künstlerisch in Worpswede hinausgewachsen, die unerträglich gewordene Enge des Künstlerdorfes.

DIE KOMIKERIN...

DIE KOMIKERIN ist ein Stück über unsere Fun-Gesellschaft, die ohne Skrupel alles vermarktet, wenn es Erfolg und Geld bringt. Eine Gesellschaft, die nicht halt macht,  das Privateste auf der Bühne und im Fernsehen öffentlich zu machen.

Es erzählt auch von dem Anrennen und dem Verrat an sich selbst, um sich in den Massenmedien zu behaupten. Aber auch, die eigene Rolle in dieser komplizierten Welt zu finden.
In dieser Veräußerlichung und Vermarktung des Persönlichsten tritt plötzlich der äußerste Ernst des Lebens ein, eine bestürzende Situation: Die Tochter der Komikerin, Rahel, eine wunderschöne junge Frau, die sich der Mutter schämt (denn meistens sind ja Eltern den Kindern peinlich und die Komikerin ist dafür ein besonderes Exemplar), erkrankt an Brustkrebs.
Für beide kippen plötzlich alte Werte und alles wird in Frage gestellt und Mutter und Tochter gelingt es, sich wieder anzunähern.
Der alte Schulkollege, der Zahnarzt Arthur Wille, taucht unerwartet auf. Er bewundert seine Jugendliebe Edith Schubert als Komikerin. Aber er verliebt sich dann in ihre Tochter Rahel, und der ältere Mann schenkt der jungen Frau in schwerster Zeit Halt.

Formal nutzt das Stück die Realität der Bühne, das Entertainment, die TV – Scheinwelt, sowie die äußerste Annäherung an Charaktere, so dass die Figuren in ihrer Widersprüchlichkeit und Wärme einladen, sich mit ihnen zu identifizieren.

Es ist ein Stück zum Lachen und zum Weinen, Komödie und Tragödie zugleich und ein Spiegel unterschiedlicher Tabuthemen unserer Zeit.

Heinrich Heine, die Dame und der Tod


Homage an Heine...Dagmar Papula, die für ihre dramatischen Produktionen schon mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde...zeigt nun ihr neues Stück „Heinrich Heine, die Dame und der Tod“ im Teatro della Tosse in Genua. Il Secolo

Im Herbst des Feierjahres kann nun über den Dichter, Denker und Lebemann Heinrich Heine nachgedacht werden. Dagmar Papula ... hat im Auftrag des Goethe-Instituts zu Genua ein Stück entwickelt, das ganz einfach versucht, den Lebensstationen des Dichters nachzuspüren, seinen  Wandlungen, seinen  Widersprüchen. Sie ist dafür abgetaucht in die Sprach-Welt Heines, und was sie zu Tage gefördert hat, das kann sich sehen lassen. Denn ohne großen Pomp und ohne Ehrfurcht vor dem Dichter erzählt sie uns die Geschichte von Heines Todesnacht. Eine Geschichte, die vor allem Heines Beziehung zu Frauen in den Blick nimmt, wie sie in Texten und Leben erscheint.
Die Idee des Stücks liegt darin, dass es dem sprachgewaltigen Heine gelingt, dem Tod eine ganze Stunde abzutrotzen, indem er Stationen seiner Lebensgeschichte wieder auferstehen läßt. Und nicht nur das: Die Kraft und Schönheit seiner Poesie und Prosa verwandeln den Tod für kurze Zeit in eine begehrenswerte Frau. Da findet der Dichter Heine seinen Witz, seine Bosheit, seine Ironie und auch seine Leichtigkeit wieder, besäuft sich ein letzte Mal mit der Geliebten, bis diese ihn mitnimmt ans Ende der Welt. Weser-Kurier

Höhepunkt...Ein Stück voll klingender Erinnerung, gleichzeitig wohl den denkbar poetischsten Beitrag zum Heine-Jahr...eine dichte und liebevolle Reminiszenz. Nach achtjähriger Leidenszeit ist Heine in dem von Barbara Kratz inszenierten Stück beinahe vollständig gelähmt. Christian Dieterle überzeugt als immer noch hellwacher, hadernder, zorniger und brilliant lästernder Heine in einem ausgemergelten, verfallenen Körper. Neuss-Grevenbroicher Zeitung

Dem in seiner Pariser Matratzengruft sterbende Heine stellt Papula eine Dame zur Seite, die den Dichter dazu animiert, aus seinem Leben zu erzählen. Barbara Kratz ist mit ihrem Regiedebüt eine eindringliche Studie eines Menschen gelungen...Besonders angenehm: Nichts wird überzeichnet, Leben und Tod Heines ziehen leise, aber umso intensiver am Betrachter vorüber. Besonders schön ist die angemessene musikalische Begleitung durch den Gitarristen Christopher Brandt. Star des Abends ist eindeutig Christian Dieterle als Heine, der...eine Bravourleistung bietet und die Szenerie jederzeit beherrscht. Prinz

„Heinrich Heine, die Dame und der Tod“...gastiert in Göteborg, Stockholm, Helsinki, Tampere, Riga und Tallin. Der Auftakt in der dänischen Metropole war vielversprechend – das Publikum...reagierte enthusiastisch. Weser-Kurier

...Der kleinen Heine-Homage gelingt es, des Dichters widersprüchliche Position zwischen Revolution und Salon, Atheismus und tiefer Gläubigkeit, Libertinage und strikter Moral nahe zubringen. Rheinischer Merkur



Die Brüder Grimm


Ein Stück über die Brüder Grimm, die weltberühmt sind, doch wer weiß etwas über ihr Leben?
Das „älteste Ehepaar der Welt“ wollte sich niemals trennen und ganz der Wissenschaft dienen. Aber immer wieder stellte sich ihnen das Leben mitten in den Weg.
Eine Frau musste geheiratet werden, da Mutter und Schwester nicht länger zur Verfügung standen. Ein komisches Desaster, aber ohne eine ging der Haushalt nicht, und dann war Dortchen Grimm ja auch nicht die schlechteste.
Dann hatten die Brüder Pech in der Arbeit und mussten die Stadt wechseln. Auch gerieten sie in den Strudel politischer Willkür, denn sie konnten vor Gott und den Studenten nicht verantworten, dass ein Eid  kein Eid länger sein sollte und sie wurden als zwei der „Göttinger Sieben“ des Landes verwiesen.
Der Verlust von Arbeit und Ehre machte sie zu Verzweifelten, bis es Bettina von Arnim, der Freundin aus alten Zeiten, gelang, ihnen einen Ruf an die Humboldt Universität nach Berlin zu verschaffen. So ist das Stück „Die Brüder Grimm“auch ein Stück über Freundschaft in schlechten Zeiten und über die ersten, tastenden demokratischen Schritte in Deutschland mit den Ereignissen der Frankfurter Paulskirche von 1848.

Die Brüder Grimm


Synopse:

Szene: DER MOND
Eine alte blinde Frau erzählt das Märchen über die Entstehung des Monds.
Szene: EINER MUSS DRAN GLAUBEN
Die Brüder Jakob und Wilhelm streiten sich darüber, wer von ihnen heiraten muss. Einer muss dran glauben. Aber keiner von beiden will. Zwei Frauen erscheinen ihnen im Traum. Das verwirrt. Wilhelm möchte eigentlich eine, aber er will nicht, weil sein Bruder es will.
Szene: DURCH WALD UND FLUR
Bettine von Arnim und Dortchen gehen auf den Hügeln Kassels spazieren. Sie lachen über die Grimms, die Bettine besucht und beide Frauen kennen diese Wissenschaftler. Bettine spottet, wenn die ihr Leben hätten mit 5 Kindern wie sie, die kämen nicht mehr zu ihrer Arbeit. Auch bedauert Bettine, ihren Mann Achim von Arnim viel zu selten zu sehen.
4. Szene: DER HEIRATSANTRAG
Die Brüder streiten sich wieder, wer von ihnen heiraten muss. Da kommt die Alte mit Dortchen herein. Die Beiden wissen, das ist sie, die Frau, die sie für ihren Haushalt brauchen. Auch liebt sie Märchen wie es die Brüder tun. Die Männer machen ihr einen Heiratsantrag, denn trennen wollen sich die beiden nie, auch wenn einer verheiratet ist.
Szene: TODESINTERMEZZO 1
Wilhelm und Dortchen stehen vor dem Grab ihres toten Kindes. Aber es gibt Trost. Das zweite Kind wird erwartet.
Szene: RINGEN UM ALLES
Die Brüder streiten sich wegen ihrer Arbeit. Da kommt Dortchen rein mit einem versiegelten, langersehnten, amtlichen Brief. Die Beförderung, wie sie meinen. Aber es ist für beide eine Absage. Zutiefst gekränkt entschließen sie sich, Kassel zu verlassen. Aber wohin?
Szene: GEBETE ZUM HIMMEL
Erstes Gebet: Die Grimms erreicht ein Brief von Bettine aus Berlin, dass Achim schwer erkrankt sei und nur noch Wilhelm helfen könne.
Zweites Gebet: Wilhelm kommt bei Bettine an. Sie erzählt von der Verzweiflung ihres Mannes, dass sein Lebenswille gebrochen sei.
Drittes Gebet: In der Nacht. Weder Jakob noch Dortchen können schlafen, seit Wilhelm weg ist. Dortchen erzählt ihm ein Märchen ´Vom Hunger´.
Viertes Gebet: Bettine bittet Wilhelm, noch einen Tag länger zu bleiben, damit Achim geholfen werden kann.
Fünftes Gebet: Jakob bittet Dortchen um Gefälligkeiten und bedankt sich, dass er in dem Haushalt mitleben darf.
Sechstes Gebet: Bettine bedankt sich bei Wilhelm, der wieder abreist, für seine Hilfe, Achim gerettet zu haben.
UMZUG NACH GÖTTINGEN
Die Möbelpacker unter der Aufsicht von Dortchen bewerkstelligen den Umzug von Kassel nach Göttingen.
EIN NEUBEGINN
Kurz nach dem Umzug nach Göttingen. Jakob ist verzweifelt, aus seiner Arbeit herausgerissen worden zu sein. Dortchen fragt ihn, ob er das Leben hasst. Sie beklagt, dass nie in diesem gemeinsamen Haushalt danach gefragt wird, ob es so auch für sie stimmt. Sie ist wieder schwanger.
TODESINTERMEZZO ZWEI
Bettine kommt zu den Grimms. Ihr Mann Achim ist gestorben. Die Grimms versuchen sie zu trösten. Sie erzählen sich das Märchen vom ´Läuschen und Flöhchen´.
ENTLASSEN
Jakob und Wilhelm arbeiten, da bringt die Alte die Nachricht, dass sie fristlos aus dem Staatsdienst entlassen worden sind, weil sie zusammen mit fünf anderen Professoren der neuen Regierung eine Resolution übergeben haben, dass diese nicht von einem Tag auf den andern willkürlich ein Gesetz für ungültig erklären kann. Außerdem sei Jakob verbannt. Im Morgengrauen müsse er das Land verlassen.
Dortchen, die heimkommt, ist verzweifelt über die Situation und dass ab morgen kein Einkommen mehr ist.
Die Brüder zweifeln an der Richtigkeit ihrer Handlung.
Draußen auf der Straße bildet sich eine Menschenansammlung. Es wird  geschossen. Panik der beiden, es könne Bürgerkrieg geben.
 Der Tag graut. Abschied liegt an. Da läuten alle Glocken der Stadt. Ein Gruß an die Verbannten, die Göttingen verlassen müssen. Studenten versammeln sich. Ein Ehrengeleit wie für einen König, meint Dortchen.
UMZUG NACH KASSEL
Die Möbelpacker unter der Anleitung von Dortchen machen den Umzug von Göttingen zurück nach Kassel.
IM SCHNEE DER WÖRTER
Bettine besucht die Grimms, die völlig resigniert und verbittert am Deutschen Wörterbuch arbeiten, um der Arbeitslosigkeit zu entkommen und keine Almosen mehr annehmen müssen von Menschen, die die Sieben Göttinger unterstützen.
Bettine versucht sie zu überzeugen, dass sie nach Berlin an die Akademie kommen müssen.
Sie erzählt, dass sie sich in die große Politik eingemischt habe, dass sie dem Kronprinzen selbst geschrieben habe und ihn dazu bewegt habe, den Grimms zu helfen.
Beim Abgang lässt sie einen amtlichen Brief zurück. Er beinhaltet einen Ruf nach Berlin.
DASS DIE WELT AUF FÜßEN STÜNDE
Bettine und Dortchen sind auf einem Jahrmarkt in Berlin. Sie zahlen einen Wahrsager, dass er sie in seiner Kristallkugel nach Frankfurt am Main in die Paulskirche bringt.
Erstaunt nehmen sie sehend teil an den Diskussionen um die Verfassung des Staates. Bettine fordert Jakob auf, auch die Frauen zu bedenken, die vom Leben mehr verstünden als all die Fachidioten zusammen.
STAFFELÜBERGABE
Wilhelm stirbt. Sein Bruder versucht ihm die Angst zu nehmen, erzählt Geschichten aus ihrem Leben.
Ist Wilhelm tot, holt die Alte auch Jakob ab, der noch vier Jahre länger leben darf.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heut.



Ich konnt´ das Maul nicht halten


Dieses Zitat des wohl berühmtesten Wolfsburger Bürgers ist der Titel des Stückes über das Leben des Dichters der deutschen Nationalhymne, August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Jeder kennt „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“, aber von wem, unter welchen Umständen, in welcher Zeit diese Zeilen geschrieben wurden, das wissen die wenigsten.
Die Dramatikerin Dagmar Papula hat ein Theaterstück über das weitgehend unbekannte Leben des Dichters August Heinrich Hoffmann, der 1798 in Fallersleben geboren wurde und den demokratischen Aufbruch Europas 1848 mitprägte, geschrieben.
Der Zuschauer wird in einem historischen Bilderbogen ein in viele Kleinstaaten zersplittertes Deutschland erleben, wohin die französische Revolution bis nach Fallersleben schwappte.
Der damalige Fallerslebener Pastor Lauenstein konfrontiert seine ungläubig staunende Gemeinde mit Forderungen von Gleichheit vor dem Gesetz, besserer Bildung und Abschaffung der Vorrechte für die Höheren Stände.
Hoffmann von Fallersleben, wegen seiner „Unpolitischen Lieder“ aus seiner Heimat verbannt, wird in einer mitreißend komischen Szene von seinen Mitbürgern gefeiert, aber sein Ruhm schützt ihn nicht davor, über 34 Mal des Landes verwiesen zu werden. Trotzdem bleibt seine Liebe zu Deutschland unerschüttert. Seine Suche nach Gleichgesinnten führt ihn zu dem großen Komponisten Franz Liszt. Eine tiefe Freundschaft entsteht zwischen beiden und der fortschrittlich gesinnten Geliebten von Liszt, Fürstin Carolyne zu Sayn-Wittgenstein. Diese Freundschaft lässt ihn in Weimar trotz aller Schwierigkeiten überwintern.
Und es ist auch ein Stück über die Liebe. Ida zum Berge, seine junge Frau, verwandelt den verknöcherten Brummelbären, der zwar  wunderbare Kinderlieber schreibt, aber auch ein verbitterter Einzelgänger ist, in einen liebenden Familienvater. Aber der Aberwitz des menschlichen Lebens passiert, dass nicht der 62 Jahre alte Hoffmann, sondern seine junge Frau viel zu jung stirbt.

Nur die Kunst kann Jahrzehnte in einem Stundenglas zusammenfassen, und dieses Theaterstück schafft es, historische Figuren, das genau recherchierte biographische Material und die Fiktion und Imagination des Theaters zu verbinden.





Jeder Tag ist eine Insel


„Wie verzeichnet man die hereinströmende Flut, das rhythmische Muster von Welle auf Welle, das leichte Anwachsen von Wellenbergen und Tälern, das unmerkliche Näherkommen des Flutrandes? Welche Maßskala ist angemessen für das Abtragen von Felsen durch Tropfen von Wasser, die Abtragung von Land durch fließende Bäche, das Aushöhlen von Felsen durch fallendes Wasser? Jeder Tag für sich war eine Insel und existierte in seinem eigenen Raum und seiner eigenen Zeit, länger als irgendein bekannter Tag, weil er unersetzlich war. Vor den toten Wänden künftiger abgezirkelter Zeit war jeder Tag in sich vollkommen. Ein kleines Wunder. Ein Geschenk. Jeder Tag war still. Die Minuten kostbar in jenen goldenen Augenblicken, in denen das Annehmen Schweigen und Ruhe brachte.“
Gerda Lerner




FEATURE:

Ich, Paula Becker-Modersohn
Über das Leben der berühmten Malerin


Wir wollen uns einmal nie trennen
Über das Leben der Brüder Grimm

 

du herrlicher Jean

Das letzte Stück von Dagmar Papula über Jean Sibelius in der Regie von Florian Schwartz wurde in Tampere/Finnland 2017 uraufgeführt mit Norbert Kentrup, Dagmar Papula, Eva Blum, Mirko Böttcher und Florian Schwartz.

 

Es war das richtige Stück zum Fest, denn Jean Sibelius hat wie kaum ein Anderer in der  hundertjährigen Unabhängigkeitsgeschichte sein Land geprägt, das  2017 Jubiläum feierte.

 

Das Stück umfasst einerseits seine private Welt, andererseits die Auswirkungen der beiden Weltkriege und des finnischen Bürgerkriegs auf sein Schaffen, seine internationalen Erfolge und Triumphe für sein Vaterland, aber auch die tiefen Selbstzweifel eines politischen Menschen bis hin zur Selbstzerstörung seiner Musik und Gesundheit.

 

Den gefeierten Komponisten und Dirigenten erreicht auf der Heimfahrt von Amerika die Nachricht vom Ausbruch des ersten Weltkrieges und der Isolation seines Landes. Seine Familie und seine Dienerschaft erleben während des Bürgerkriegs auf Ainola den schwer zu ertragenden Alltag. Die finnische Natur, das Besondere der Mittsommerzeit, die Liebe seiner Frau Aino, sein Einsatz, damit aus seinem geliebten Finnland 1917 ein unabhängiger Staat wird, sind in schönen Situationen beschrieben. Sibelius ist für viele Ankerpunkt und Symbolfigur für einen freien Geist in einer hektischen Welt, die keinen Stillstand zulässt, die Menschen auffordert, sich zu positionieren, Stellung zu beziehen und sich neu zu erfinden. Der Kampf um Unabhängigkeit, die Sehnsucht nach Freiheit und die Angst um den Verlust der Heimat sind nicht nur Themen der heutigen Zeit, die Figuren reflektieren zeitlos ihr Schicksal, um für ihr (Über)Leben zu kämpfen. Sibelius ist eine spannende Herausforderung mit seinem interessanten Leben: Eine treu liebende Ehefrau, ein Familienvater von sechs Kindern, lebt er idyllisch auf einem Landsitz, bezieht eine vorgezogene Rente, ein Bilderbuch-Leben, wenn nicht zwei Umstände massiv an den Grundfesten seiner Identität rütteln würden: er ist einer der meist gefeierten sowie umstrittensten Komponisten der Welt und wird mal als Reaktionär verfolgt oder vom Staat zum Helden stilisiert. Variantenreich zu spielende Konflikte, denn im Laufe seiner Glorifizierung sind Seiten dieser zerrissenen Künstlerpersönlichkeit in den Hintergrund geraten, die von der Kunst tyrannisiert und getröstet wird, Freundschaften riskiert, Feindschaften provoziert, am meisten aber die eigene Identität aufs Spiel setzt. Es ist interessant, Einblicke in diese finnische Seele zu wagen, welche die Kunstwelt polarisierte, sich öffentlich zutiefst ernst und unnahbar inszenierte, aber privat einen weichen, liebevollen und bisweilen schelmischen Charakter an den Tag legte. Nach seinem siebzigsten Geburtstag beendete er sein künstlerisches Leben, komponierte nie wieder und verbrachte weitere zwanzig Jahre mit seiner Frau am See in Tuusula.